Rückengerechte Arbeitsweisen: Konzepte
Stand: 01/2015

P Rückengerechte Arbeitsweisen: Konzepte

Für rückengerechtes Arbeiten in der Pflege gibt es verschiedene Konzepte:

  • Technisch orientierte Modelle, die hauptsächlich Hilfsmittel, z.B. Lifter, verwenden
  • Orthopädisch und biomechanisch basierte Ansätze, die das Körperbewusstsein der Beschäftigten bei den alltäglichen Bewegungs- und Transferaufgaben verbessern und zu wirbelsäulenentlastenden Arbeitstechniken führen
  • Modelle, die das Bewegen eines Patienten als Interaktion zwischen Pflegekraft und Patient verstehen. Damit sollen sowohl pflegerische Ziele, z.B. die Mobilisierung des Patienten, als auch eine Reduzierung von Wirbelsäulenbelastungen bei Beschäftigten erreicht werden
  • Präventionskonzepte, die die genannten Modelle kombinieren

Obwohl sich die Konzepte deutlich unterscheiden, findet man bestimmte Grundsätze fast überall wieder.

Das richtige Pflegekonzept gibt es nicht. Welche Möglichkeit der
rückengerechten Arbeitsweise jeweils angewendet wird, muss im Einzelfall entschieden werden.

Aktivitas-Pflege®

Dieses Konzept ist auf die Aktivierung des Patienten ausgerichtet. Ursprünglich wurde es für Schlaganfall- und motorisch gestörte Patienten entwickelt. Es sieht vor, individuelle Ressourcen zu unterstützen und zu erweitern.

Physiologische Bewegungsmuster werden nach der Analyse der Situation bewusst auf die Patienten übertragen. Dabei treten die Pflegeschwerpunkte in der Zielgruppe “Schlaganfallpatienten” in den Vordergrund. Des Weiteren werden Bestandteile aus der Kinästhetik , der Bobath-Therapie, der basalen Stimulation und aus anderen Konzepten, die die Wahrnehmung fördern, miteinander verknüpft.

Sowohl die Praktizierenden als auch die Patienten erfahren eine Sensibilisierung in Bezug auf ihre Bewegungsabläufe. Somit trägt dieses Konzept auch positiv zum rückengerechten Arbeiten bei.

Das Konzept wurde von der Krankenschwester und Diplom-Medizinpädagogin Prof. Marlies Beckmann entwickelt.

Bobath-Konzept

Das “Bobath-Konzept” ist empirisch aufgebaut. Es wurde 1943 von Berta Bobath entwickelt. Sie erkannte, dass sich die Spastik in Abhängigkeit von der Lagerung und Stellung des Körpers entwickelt. Die neurologischen Grundlagen erarbeitete ihr Ehemann, der Neurologe Dr. Karel Bobath.

Die Ziele des Bobath-Konzeptes lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

  • Verbesserung der hemiplegischen Seite in Koordination mit der gesunden Seite
  • Wiedererlernen verloren gegangener Bewegungsfähigkeiten
  • Hemmung der Spastizität, der abnormen Haltungs- und Bewegungsmuster
  • Entwicklung der Körpersymmetrie und des Gefühls von Körpermitte
  • Verhindern von Schmerzen und Kontrakturen
  • Erhöhung der Selbstständigkeit und Sicherheit in alltäglichen Situationen

Der Fokus des Bobath-Konzeptes liegt auf dem Patienten.


Kinaesthetics

Das Wort “Kinaesthetics” setzt sich aus KINESIE (Bewegung) und AETHETICS (Wahrnehmung) zusammen.

Das Kinästhetik®-Konzept wurde von den Verhaltenskybernetikern Dr. Lenny Maietta und Dr. Frank Hatch entwickelt.

Kinästhetik schult die eigene Bewegungswahrnehmung. In der Pflege findet eine gemeinsame Bewegung mit dem Patienten statt, die analysiert und auf das individuelle Bewegungsmuster des Patienten ausgerichtet wird.

Die pflegende Person fördert die Gesundheit des Patienten, indem sie ihn dabei unterstützt, sich selbst zu bewegen. Dadurch werden innere Prozesse wie die Atmung oder die Durchblutung angeregt.

Kinästhetik versteht sich nicht nur als ein Lernmodell, sondern auch als ein Konzept zur Gesundheitsentwicklung. Mit kinästhetischer Sensibilisierung können Verletzungen vermieden und es kann rückengerecht gepflegt werden.

Ergonomico-Konzept

Das Konzept zur Prävention von Muskel- und Skeletterkrankungen und insbesondere von Rückenbeschwerden wurde vom Forum fBB entwickelt.

Die Ressourcen der Patienten zu erhalten und zu verbessern und gleichzeitig die körperliche Belastung zu reduzieren sind die Ziele dieses Konzeptes. Hierzu verknüpft es die ergonomische Arbeitsweise in Pflege und Betreuung mit der ressourcenorientierten Arbeitsweise zur Förderung der Gesundheitsentwicklung von Patienten und mit dem situationsorientierten Einsatz von Hilfsmitteln.

Zugrunde gelegt wurden das Konzept TOPAS-R der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), Erkenntnisse aus verschiedenen Forschungsprojekten sowie die europäischen Empfehlungen der Arbeitsgruppe Ergonomie der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS).

Rückengerechter Patiententransfer in der Kranken- und Altenpflege

Das Präventionsprogramm wurde unter ärztlicher Leitung gemeinsam mit Praktikern aus der Pflege entwickelt. Das Hauptziel war es, durch Senkung mechanischer Belastung beim Bewegen von Patienten Rückenschmerzen und Rückenerkrankungen vorzubeugen. Die Empfehlungen beruhen auf orthopädischen und biomechanischen Untersuchungen und auf den Grundsätzen der Ergonomie. Am Beispiel typischer Pflegeaufgaben wird exemplarisch die Anwendung der Prinzipien des rückengerechten Patiententransfers vermittelt. Mithilfe dieser Prinzipien können Pflegekräfte unter Nutzung eigener Kompetenzen und Erfahrungen die anfallenden Transferaufgaben rückengerecht verrichten.

Das Programm stellt kein eigenständiges Pflegekonzept dar, lässt sich aber mit allen wichtigen Pflegekonzepten kombinieren. Zum Programm gehört ein spezifisches Vermittlungs- und Umsetzungskonzept durch Instruktoren, die sich als hauseigene Experten weiterentwickeln und als feste Instanz in der Einrichtung etablieren sollen. Der Umsetzungsprozess ist teamorientiert und beinhaltet die Schulung aller Mitarbeiter, Praxisbegleitung und -beratung durch Instruktoren sowie Auswertung, ergänzende Maßnahmen und Auffrischungsangebote.


Rückenschule

Voraussetzungen für eine rückengerechte Arbeitsweise sind die Berücksichtigung biomechanischer Grundprinzipien und eine gute eigene körperliche Konstitution. Eine Pflegekraft muss das entsprechende Körpergefühl sowie die erforderliche Muskelkraft und Gelenkbeweglichkeit zur Durchführung rückengerechter Bewegungsabläufe besitzen.

Eine “arbeitsplatzbezogene Rückenschule” bietet die Möglichkeit, diese Fähigkeiten zu verbessern. Die Teilnahme versetzt die Pflegekräfte in die Lage, Bewegungsabläufe am Arbeitsplatz rückengerecht zu gestalten. Sie erkennen die Bedeutung von Funktionsgymnastik, Kräftigungs-, Dehnungs- und Entspannungsübungen für das eigene Wohlbefinden und die Gesundheit. Eine rückengerechte Verhaltensweise im Beruf ist nur in Kombination mit einem rückengerechten Verhalten im Privatleben möglich.

Ziel:

Die Teilnehmer sollen in der Lage sein, selbstständig zu entscheiden, was für ihre Gesundheit wichtig ist und fähig sein dies sowohl im Berufsleben als auch im Alltag zu beachten und umzusetzen.

TOPAS-R

Das ganzheitliche Konzept der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) zur Prävention von Muskel- und Skeletterkrankungen, insbesondere von Rückenbeschwerden in der Pflege und Betreuung, verbindet alle Elemente des betrieblichen Arbeitssystems zu einer ganzheitlichen Präventionsstrategie.

Leitmotiv für TOPAS-R ist der durch das Arbeitsschutzgesetz und die Lastenhandhabungsverordnung gesetzlich vorgeschriebene Schutz der Beschäftigten in Bezug auf Gefährdungen für das Muskel- und Skelett-System.

Die BGW zeigt mit TOPAS-R, wie den vielfältigen Ursachen von Muskel- und Skeletterkrankungen, insbesondere den Rückenbeschwerden, mit Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen begegnet werden kann.

Das Konzept basiert auf dem Wissen, dass es bei den Maßnahmen zum Arbeitsschutz und zur Gesundheitsförderung eine Hierarchie gibt: Technisch/Baulich (T) vor Organisatorisch (O) vor Personenbezogen (P). Die Abkürzungen AS und R stehen für Arbeitsschutz und Rücken.

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