Handhabung und Zubereitung
Stand: 07/2023

AP Handhabung und Zubereitung

Bei der Zubereitung von Zytostatika in einer Krankenhaus- oder einer Offizin-Apotheke, evtl. auch beim Wareneingang, besteht für die Beschäftigten aufgrund der Menge und Konzentration von CMR-Stoffen, die freiwerden können, die größte Gefährdung verglichen mit anderen Tätigkeiten mit CMR-Arzneistoffen.

Beim Wareneingang können Gefährdungen für Beschäftige durch von außen kontaminierte Behälter entstehen, die während des Herstellungsprozesses, bzw. bei der Abfüllung verunreinigt wurden. Es kann zu Leckagen oder zum Zerbrechen von Behältern kommen. Aus diesen Gründen ist es wichtig, beim Wareneingang geeignete Handschuhe (z. B. OP-Handschuhe) zu tragen und für Notfälle vorbereitet zu sein (geeignete PSA zur Beseitigung größerer Kontaminationen nach Ziff. 5.4, TRGS 525).

Die Beschäftigten müssen vor Beginn der Tätigkeit und danach mindestens jährlich über diese Maßnahmen anhand der Betriebsanweisung unterrichtet werden (Beispiele für Betriebsanweisungen finden Sie in Anhang II der DGUV Information 207-007 „Zytostatika im Gesundheitsdienst“). Die Unterweisung (Inhalt, durchführende Person, Teilnehmer, Zeitpunkt) ist zu dokumentieren.

Nach Ziffer 5.2.1 der TRGS 525  sollte die Zubereitung von CMR- Arzneimitteln zentral erfolgen und die Zahl der Beschäftigten so gering wie möglich gehalten werden. Werdende oder stillende Mütter dürfen nicht mit CMR-Stoffen arbeiten (§ 4 MuSchG). Jugendliche dürfen nur dann mit CMR-Stoffen arbeiten, wenn die Tätigkeiten zum Erlernen des Ausbildungsziels erforderlich sind und unter fachkundiger Aufsicht durchgeführt werden (§ 22 Jugendarbeitsschutzgesetz).

Insgesamt müssen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die Zytostatika zubereiten, besonders geschult und unterrichtet sein. Eine dezentrale Zubereitung sollte auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Die Zubereitung muss in einem gesonderten Raum in einer Sicherheitswerkbank oder einem anderen gleichwertigen System erfolgen. Der Raum muss geeignet ausgestattet sein (z. B. raumlufttechnische Anlage, Abfallentsorgung). Wenn es aus verfahrenstechnischen Gründen nicht möglich ist, Tätigkeiten innerhalb von Sicherheitswerkbänken durchzuführen, z. B. beim Abwiegen von Pulver, müssen andere geschlossene Systeme (z. B. Glove Bag) verwendet werden (s. Ziff. 5.2.2, TRGS 525).

Zubereitung von Zytostatika

Die Räume zur Zubereitung von CMR-Arzneimitteln müssen eine geeignete Größe haben, abgegrenzt und gekennzeichnet sein. CMR-Arzneimittel dürfen nur in geeigneten Sicherheitswerkbänken nach DIN 12980 zubereitet werden. Einrichtungen, wie z. B. Isolatoren, vollautomatische geschlossene Systeme, die eine gleichwertige Sicherheit bieten, können ebenfalls eingesetzt werden. Bereits im Betrieb vorhandene Einrichtungen können eingesetzt werden, wenn sie im Prinzip die gleiche Sicherheit gewährleisten (sind auf gleichwertige Sicherheit zu prüfen). Von der Zubereitung in einer Sicherheitswerkbank darf nur in Ausnahmesituationen abgewichen werden (unvorhersehbare zwingende Notwendigkeit der Zubereitung) oder bei Tätigkeiten, die nach aktuellem Stand der Technik nicht unter einer Sicherheitswerkbank durchgeführt werden können. Die Luftführung in den Räumen muss so gestaltet sein, dass auch beim Öffnen der Tür oder durch Luftzug die Funktion der Sicherheitswerkbank nicht beeinträchtigt ist. Beim Arbeiten an der Sicherheitswerkbank dürfen Fenster nicht geöffnet werden.

Eine verbindliche Kennzeichnung des Raumes gibt es nicht. Nach DGUV Information 207-007 “Zytostatika im Gesundheitsdienst” empfiehlt es sich folgende Kennzeichnung:

An der Zugangstür ein Schild mit der Aufschrift: „Zytostatika-Zubereitung“ und „Zutritt für Unbefugte verboten", bzw. das Verbotszeichen „D-P006“.

Anforderungen an die Sicherheitswerkbänke

Sicherheitswerkbänke oder gleichwertige Einrichtungen dürfen nur in abgetrennten, deutlich gekennzeichneten Arbeitsräumen aufgestellt werden. Sie müssen nach Herstellerangaben sachgerecht aufgestellt und betrieben werden und vor Erstinbetriebnahme, nach Änderung des Aufstellungsortes und nach Veränderungen des Raumes durch fachkundige Personen überprüft werden. Sicherheitswerkbänke sind regelmäßig zu warten und zu überprüfen. Die Sicherheitswerkbank muss eine Fortluftführung nach außen haben, es sei denn, es ist sichergestellt, dass die rückgeführte Luft unter Anwendung eines anerkannten Verfahrens zurückgeführt wird, dass gewährleistet, dass die rückgeführte Luft ausreichend von den CMR Stoffen befreit wird (Ziff. 5.2.3, TRGS 525).

Die Sicherheitswerkbänke und Isolatoren stellen ein geschlossenes System dar, dass keine gefährlichen Stoffe an die Umgebung abgeben soll. Allerdings kann auch hierbei ein minimaler Austausch nicht vollständig ausgeschlossen werden. In der Sicherheitswerkbank ist darauf zu achten, dass die Strömungsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden, z.B. durch ungewolltes Bedecken der Lüftungsschlitze. Schnelle Bewegungen können die laminare Luftströmung negativ beeinträchtigen. Infusionssysteme sind mit wirkstofffreien Trägerlösungen zu befüllen und zu entlüften (Ziffer 5.2.2 TRGS 525). Durch organisatorische oder bauliche Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Funktion der Werkbank z. B. beim Öffnen der Tür des Arbeitsraums nicht beeinträchtigt wird. Unbefugten ist der Zutritt zu diesen Räumen zu untersagen.

Druckentlastungs- und Überleitungssysteme

Zur Verhinderung der Freisetzung von CMR-Arzneimitteln haben sich zusätzlich spezifische für den Einsatzzweck konzipierte Druckentlastungs-und Überleitsysteme bewährt. (TRGS-525)

Weiter sind :

  • Luer-Lock Anschlüsse zu empfehlen, damit sich die Kanüle nicht von der Spritze lösen kann.
  • Bei der Entnahme der Zytostatikalösung aus der Infusionsflasche sollte durch langsames Hin- und Herpumpen der Luft für einen Druckausgleich gesorgt werden, bzw. ein Überleitsystem mit integriertem Druckausgleich verwendet werden.
  • Zur Vermeidung von Spritzern und Aerosolbildung sollten Luft und überschüssige Zytostatikalösung unter Verwendung eines sterilen Tupfers vorsichtig und langsam aus der aufgezogenen Spritze herausgedrückt werden.

Aufgezogene Spritzen sollten für den Transport am Luer-Lock-Anschluss mit einer aufschraubbaren Kappe sorgfältig verschlossen werden, um ein versehentliches Freisetzen der Zytostatikalösung zu vermeiden und die Sterilität zu wahren. (DGUV 207-007)

Persönliche Schutzausrüstung

Beim Auspacken angelieferter CMR-Fertigarzneimittel aus der Transportverpackung (Sekundärverpackung) sind Schutzhandschuhe zu tragen, die mindestens die Grundanforderungen nach DIN EN 374 erfüllen.

Beim Zubereiten von CMR-Arzneimitteln in einer Sicherheitswerkbank sind folgende persönliche Schutzausrüstungen zu tragen und bei Verunreinigung oder Beschädigung sofort zu wechseln:

  1. Schutzhandschuhe gemäß DIN EN 374-3 ggf. mit Stulpen und
  2. hochgeschlossener Kittel mit langen Ärmeln und eng anliegenden Armbündchen oder Overall. 

Reinigungsarbeiten in der Sicherheitswerkbank, die über das bloße Abwischen der Arbeitsfläche hinausgehen, sind mit folgender persönlicher Schutzausrüstung auszuführen:

  1. flüssigkeitsdichter Schutzkittel mit langem Arm und eng anliegendem Bündchen oder Overall,
  2. Schutzbrille mit Seitenschutz,
  3. Schutzhandschuhe gemäß DIN EN 374 ggf. mit Stulpen,
  4. Atemschutzmaske FFP 3 nach DIN EN 149, falls mit einer relevanten Partikelbelastung gerechnet werden muss“ (TRGS-525)

Abfallentsorgung

Bei der Zubereitung fallen unter anderem als Abfall an:

  • Reste konzentrierter Zytostatikalösungen (Injektionen)
  • Reste verdünnter Lösungen (Infusionen, Instillationen)
  • Leergut (Originalbehältnisse, Spritzen)
  • Hilfsmittel der Zubereitung/Vorbereitung (Kanülen, Tupfer, Unterlagen, Handschuhe etc.)

Die Abfälle müssen an der Stelle der Entstehung gesammelt und für den innerbetrieblichen Transport bereitgestellt werden. Dabei müssen die abfallrechtlichen Bestimmungen der Länder und Kommunen eingehalten werden, die sich an der „Richtlinie über die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes“ der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) orientieren.

Danach sind insbesondere folgende zytostatikahaltige Abfälle als gefährlicher Abfall („Sonderabfall“) zu entsorgen:

  • Nicht vollständig entleerte Originalbehältnisse (zum Beispiel bei Therapieabbruch angefallene oder nicht bestimmungsgemäß angewandte Zytostatika)
  • Verfallene CMR-Arzneimittel in Originalpackungen
  • Reste von Trockensubstanzen und zerbrochene Tabletten
  • Spritzenkörper und Infusionsflaschen/-beutel mit deutlich erkennbaren Flüssigkeitsspiegeln/Restinhalten (> 20 ml)
  • Infusionssysteme und sonstiges mit Zytostatika kontaminiertes Material (> 20 ml)
  • Nachweislich durch Freisetzung mit großen Flüssigkeitsmengen oder Feststoffen bei der Zubereitung oder Anwendung der vorgenannten Arzneimittel kontaminiertes Material (z. B. Unterlagen, stark kontaminierte persönliche Schutzausrüstung)

Diese Abfälle sollten in Abfallbehältnissen mit Fußpedal oder anderem Mechanismus gesammelt werden, damit ein direkter Kontakt mit den Händen/Handschuhen verhindert wird. 

Die Abfälle sind entsprechend den gefahrgut- und abfallrechtlichen Vorschriften unter Angabe der Abfallbezeichnung „AS 18 01 08* – Zytotoxische und zytostatische Abfalle“, der gefahrgutrechtlichen UN-Nummer (UN 2810 „Giftiger organischer flüssiger Stoff…, UN 2811 „Giftiger organischer fester Stoff oder UN 3243 „Feste Stoffe mit giftigem flüssigen Stoff,..“ ) und des Absenders fest verschlossen und in unbeschädigten Behältnissen dem Entsorger zu übergeben. Grundsätzlich muss außerdem der Gefahrzettel Nr. 6.1 (Symbol „Totenkopf“) auf den Entsorgungsbehältern angebracht werden.

In der Regel zählen die folgenden gering kontaminierten Abfälle nicht zur genannten Gruppe der gefährlichen Abfälle:

  • Armstulpen
  • Handschuhe
  • Atemschutzmasken
  • Einmalkittel
  • Plastik- und Papiermaterial
  • Tupfer
  • Aufwischtücher
  • Leere Zytostatikabehältnisse nach bestimmungsgemäßer Anwendung (Ampullenflaschen, Spritzen, Infusionszubehör, Infusionsbehältnisse)
  • Luftfilter von Sicherheitswerkbänken

Gering kontaminierte Zytostatikaabfälle sollten vor der endgültigen Entsorgung bereits am Entstehungsort in Kunststoffbeuteln gesammelt und verschlossen werden. Beseitigt werden sie unter Verwendung der offiziellen Bezeichnung „AS 18 01 04 – Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht keine besonderen Anforderungen gestellt werden (z. B. Wund- und Gipsverbände, Wäsche, Einwegkleidung, Windeln)“. Sie können meist zusammen mit dem Krankenhausmüll (früher: B-Müll) entsorgt werden. (DGUV 207-007)

Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen werden ebenfalls als nicht gefährdend eingestuft und können unter Einhaltung der Hygienerichtlinien wie üblich entsorgt werden. Scharfe und spitze Gegenstände sind wie üblich in durchstoßfesten und sicher verschließbaren Behältnissen am Entstehungsort zu sammeln.

Verpackung und Transport

Der innerbetriebliche Transport von Zubereitungen von CMR-Arzneimitteln darf nur in bruchsicheren und flüssigkeitsdichten Behältern, getrennt von anderen Medikamenten, durch unterwiesene Beschäftigte erfolgen. Die Zubereitungen müssen einzeln flüssigkeitsdicht verpackt werden (eingeschweißt) und im Transportbehälter sollte ausreichend Material (z. B. Zellstoff) sein, dass austretende Flüssigkeiten aufsaugen kann. Es empfiehlt sich eine Anweisung zum Verhalten im Fall der unbeabsichtigten Freisetzung mitzugeben.

Die Transportbehälter sollen gekennzeichnet sein (z. B. mit der Aufschrift „Vorsicht Zytostatika“).

Bei außerbetrieblichem Transport, vor allem über Straßen, muss beim Verladen auf korrekte Ladungssicherheit geachtet werden. Der Fahrer sollte über das richtige Verhalten bei Unfällen mit Leckage unterrichtet sein. (TRGS-525)

Unbeabsichtigte Freisetzung von CMR-Arzneimitteln

Bei Verunreinigung der Haut mit CMR-Arzneimitteln ist die betreffende Stelle sofort unter reichlich fließendem, kaltem Wasser zu spülen. 

Bei Spritzern in die Augen sind diese sofort mit reichlich Wasser gründlich zu spülen. Bei reizenden Stoffen ist danach umgehend ein Augenarzt aufzusuchen und die verfügbare Stoffinformation für den Arzt mitzunehmen.

Zur Beseitigung von unbeabsichtigten Verunreinigungen, die beim Zubereiten oder der Applikation auftreten, sind mindestens folgende Einmalartikel in einem Not-fall-Set („Spill-Kit“) bereitzuhalten:

  1. Überschuhe, flüssigkeitsdichter Schutzkittel mit langem Arm und eng anliegendem Bündchen oder Overall, Schutzbrille, und flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe mit ausreichender mechanischer Festigkeit,
  2. Atemschutzmaske FFP 3 nach DIN EN 149,
  3. flüssigkeitsaufnehmendes Material (z. B. Granulate, Saugvlies) in ausreichender Menge,
  4. Aufnahme- und Abfallbehältnis, Handschaufel oder Schieber.

Verunreinigungen durch verschüttete CMR-Arzneimittel (Lösungen, Trockensubstanzen, zerbrochene Tabletten, Zubereitungen) sind unverzüglich sachgerecht zu beseitigen. Zur Aufnahme von Trockensubstanz müssen die aufnehmenden Materialien angefeuchtet werden. Die verunreinigten Flächen sind anschließend zu reinigen.

Kontaminierte Mehrwegwäsche ist in der Wäscherei aufzubereiten (Reinigung und Behandlung wie infektiöse Wäsche) oder zu entsorgen. Kontaminierte Schutzkleidung ist so zu entsorgen, dass keine CMR-Stoffe verschleppt werden. (TRGS-525)

Nach der Reinigung, kann eine Überprüfung der Reinigung mittels Wischproben sinnvoll sein.

Die o. g. Maßnahmen, einschließlich der Ersten Hilfe, sind Bestandteil der Betriebsanweisung. Beschäftigte müssen darüber unterwiesen werden.

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