Zwei Fachkräfte unterhalten sich ©UK NRW | BGW
Stand: 06/2017

BÜT Gesundheit als Führungsaufgabe

Zukunftsfaktor gesundheitsfördernde Führung

Der demografische Wandel und zunehmender Kostendruck stellen für die Betriebe im Gesund­heitsdienst und in der Wohlfahrtspflege wachsende Herausforderungen dar. Angesichts des Fachkräftemangels und steigender Arbeitsverdichtung sind Gesundheit und Motivation der Beschäftigten unverzichtbare Erfolgsfaktoren. Fördern lässt sich beides durch eine Personal­führung, die die persönlichen Kompetenzen der Beschäftigten stärkt und gute Arbeits­bedingungen gestaltet. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) sowie die Unfallkasse NRW unterstützen ihre Mitgliedsbetriebe beim Umsetzen gesundheitsfördernder Führung.

Was ist gesundheitsfördernde Führung?

Führungskräfte tragen Verantwortung für Aufgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Sie haben einen erheblichen Einfluss auf Organisationsstrukturen, betriebliche Rahmen­bedingungen und das persönliche Miteinander im Unternehmen – und dadurch auf die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unter anderem spielt hier das persönliche Führungsverhalten eine große Rolle.

Gesundheitsförderndes Führen bezeichnet ein persönliches Führungsverhalten, das im Sinne des Arbeits- und Gesundheitsschutzes die Gesundheit der Beschäftigten schützt, indem es Belastungen und Risikofaktoren am Arbeitsplatz reduziert und Ressourcen fördert.

Gesundes Führen umfasst zwei Ebenen:

Führungskräfte, die Gesundheitsförderung als Führungsaufgabe begreifen, sehen den Zusammenhang zwischen Arbeit und Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie reduzieren Krankheiten und Fehlzeiten nicht auf ein persönliches Problem der Betroffenen, sondern haben auch die betrieblichen Rahmenbedingungen sowie das eigene Führungsverhalten im Blick.

Inwieweit einzelne Führungskräfte Gesundheit aktiv als Führungsaufgabe gestalten können, hängt immer auch von den betrieblichen Rahmenbedingungen ab. Nach Auffassung der BGW und der Unfallkasse NRW sollte gesund­heitsförderndes Führen nicht erst einsetzen, wenn Krankenstände, Fluktuation oder Fehlerquoten auffällig hoch werden. Effektiver ist das präventive Fördern der Mitarbeitergesundheit.


Wie lässt sich gesundheitsfördernde Führung umsetzen?

„Jetzt auch noch gesund führen  dafür haben wir doch keine Zeit und was das alles kosten soll …“

Diese Bedenken werden im Zusammenhang mit der Veränderung von Führungshandeln gelegentlich geäußert.  Gesundheitsförderndes Führen muss kein aufwendiges „Großprojekt“ sein. Vielmehr lässt es sich auch über kleine Schritte in das generelle Führungshandeln integrieren. Die folgenden Handlungsempfehlungen der BGW berücksichtigen beide oben genannten Ebenen gesundheitsfördernder Führung und geben Ihnen Hinweise, wie die Umsetzung gelingen kann.

Auch im Sinne der Unfallkasse NRW berücksichtigen die folgenden Handlungsempfehlungen der BGW beide oben genannten Ebenen gesundheitsfördernder Führung und geben Ihnen Hinweise, wie die Umsetzung gelingen kann.

Ebene 1: Arbeitsbedingungen gesundheitsförderlich gestalten

Handlungsfelder zur Umsetzung gesundheitsfördernder Führung

Die gesundheitsförderliche Gestaltung der Arbeitsbedingungen beinhaltet das Fördern von Ressourcen und den Abbau von Belastungen. Dies lässt sich im Alltag über folgende fünf Handlungsfelder realisieren, die miteinander in Beziehung stehen:


1. Entscheidungs- und Handlungsspielräume 

Ich nehme Anregungen und Verbesserungsvorschläge meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter offen auf.

Ich lasse meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen ihrer Befugnisse selbstständig Entscheidungen treffen.

Ich delegiere Aufgaben und zeige dabei Möglichkeiten der Gestaltung auf.

Ich beteilige meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv an der Gestaltung von Lösungen.

2. Kommunikation und Konfliktlösung

Ich formuliere meine Anweisungen klar und eindeutig. Ich versichere mich, ob ich verstanden wurde.

Ich mache meine Entscheidungen transparent.

Ich höre aktiv zu.

Ich gebe regelmäßig differenzierte Rückmeldungen und äußere Kritik sachlich.

Ich greife Konflikte frühzeitig auf und unterstütze die Konfliktklärung im Team.

3. Anerkennung und Wertschätzung

Ich würdige die Leistungen meiner Beschäftigten durch differenziertes Feedback.

Ich verwende passende wertschätzende Äußerungen (z. B. „Sie bereichern unser Team durch …“).

Ich interessiere mich für die Bedürfnisse meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und stehe als Gesprächspartnerin bzw. Gesprächspartner zur Verfügung.

Ich lebe eine wertschätzende Haltung vor.

4. Soziale Unterstützung

Ich schütze meine Beschäftigten vor ungerechtfertigten Anforderungen anderer Abteilungen und Personen.

Ich helfe meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ihre Stärken und Kompetenzen weiterzuentwickeln.

Ich stehe als Ansprechpartnerin bzw. Ansprechpartner zur Verfügung.

Ich fördere die Zusammenarbeit im Team.

5. Effektive Arbeitsorganisation

Ich kläre Verantwortlichkeiten und schaffe Rollenklarheit.

Ich optimiere die Arbeitsabläufe auch unter Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Ich sorge für eine Planbarkeit von Aufgaben.

Ich etabliere eine konstruktive Fehlerkultur.


Ebene 2: Sich selbst gesund führen

Die eigene Gesundheit der Führungskraft stellt in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Grundlage für gesundheitsförderndes Führen dar: Zunächst einmal bietet das eigene Wohlbefinden die Basis, um souverän agieren zu können. Ferner werden Führungskräfte, die auf ihre eigene Gesundheit achten, eher auch die ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Blick haben als solche, die ihre eigene Gesundheit vernachlässigen. Und darüber hinaus kommt ihnen auch bei diesem Thema eine Vorbildfunktion zu.


Ein erster Schritt zur gesunden Selbstführung ist, achtsam für die eigene Gesundheit und für persönliche Stressoren zu sein. Folgende Kriterien sind für den Umgang mit der eigenen Gesundheit relevant:

Gesundheitsbezogene Achtsamkeit: „Ich merke, wenn mit mir gesundheitlich etwas nicht stimmt.“
Gesundheitswertigkeit: „Es ist mir wichtig, die gesundheitlichen Belastungen an meinem Arbeitsplatz zu mindern und Risiken abzubauen.“
Gesundheitsbezogene Selbstwirksamkeit: „Ich weiß, wie ich übermäßiger Belastung vorbeugen kann.“
Gesundheitsverhalten: „Ich versuche, meine Belastungen zu reduzieren, indem ich meine eigene Arbeitsweise optimiere (z. B. Prioritäten setze, für ungestörtes Arbeiten sorge, den Tag plane).“

Die eigene Gesundheit im Blick behalten – auch in Sandwichpositionen

Führungskräfte stehen häufig vor widersprüchlichen Anforderungen – etwa, wenn sie zwischen divergierenden Interessen der Geschäftsführung und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu vermitteln haben. Daraus können sich besondere Belastungssituationen ergeben. Führungskräfte können mit sogenannten Führungs-Dilemmata besser umgehen, wenn sie Kompetenzen zur Selbstklärung und Abgrenzung aufbauen:

Selbstklärung

„Was will ich aus welchen Gründen? Wofür entscheide ich mich? Welche Folgen nehme ich in Kauf? Wer oder was hilft mir dabei?“

Abgrenzung

„Zu welchen Erwartungen sage ich Nein?“

 

Wichtige Stellschrauben – Rollenklarheit und Vorhersehbarkeit

Studien haben gezeigt, dass Führungskräfte positiven Einfluss auf die Mitarbeitergesundheit nehmen, wenn sie am Arbeitsplatz auf Rollenklarheit und Vorhersehbarkeit achten. Rollenklarheit und Vorhersehbarkeit können Führungskräfte besonders gut beeinflussen, sie bilden gewissermaßen die Basis gesunder Führung.

Die folgenden Fragen helfen Ihnen zu verstehen, was mit Rollenklarheit und Vorhersehbarkeit gemeint ist. Zusätzlich können Sie damit – für sich oder sogar im Gespräch mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – reflektieren, wie es um diese beiden Punkte in Ihrem Führungsalltag bestellt ist:


Rollenklarheit:

  • Wissen Sie als Führungskraft bzw. Mitarbeiterin oder Mitarbeiter genau, wie weit Ihre Befugnisse bei der Arbeit reichen?
  • Gibt es klare Ziele für Ihre Arbeit als Führungskraft bzw. Mitarbeiterin oder Mitarbeiter?
  • Wissen Sie als Führungskraft bzw. Mitarbeiterin oder Mitarbeiter genau, welche Dinge in Ihren Verantwortungsbereich fallen?
  • Wissen Sie als Führungskraft/als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter genau, was von Ihnen bei der Arbeit erwartet wird?

Vorhersehbarkeit:

  • Werden Sie als Führungskraft bzw. Mitarbeiterin oder Mitarbeiter rechtzeitig im Voraus über Veränderungen an Ihrem Arbeitsplatz informiert, z. B. über wichtige Entscheidungen, Veränderungen oder Zukunftspläne?
  • Erhalten Sie als Führungskraft bzw. Mitarbeiterin oder Mitarbeiter alle Informationen, die Sie brauchen, um Ihre Arbeit gut zu erledigen?

Unterschiedliche Menschen unterschiedlich führen

Die Studienergebnisse zeigen außerdem, dass beim gesundheitsfördernden Führen der Aufbau individueller Beziehungen zu den jeweiligen Beschäftigten bedeutend ist. Unterschiedliche Beschäftigte möchten auch unterschiedlich geführt werden – einige benötigen beispielsweise engere Begleitung oder häufiges Feedback durch die Führungskraft, während andere eher viel Handlungsspielraum ohne häufige Absprachen brauchen. Diese „individuelle“ Führung ist besonders relevant für die Gesundheit der Beschäftigten.

Beschäftigte empfinden die Beziehung zu ihrer Führungskraft dann als qualitativ hochwertig, wenn sie beispielsweise wissen, wie sie eingeschätzt werden, wenn ihre beruflichen Bedürfnisse und etwaigen Probleme verstanden, ihre Entwicklungsmöglichkeiten erkannt werden und Entscheidungen nachvollziehbar sind.

Unterstützung durch die BGW

Die BGW bietet ihren Mitgliedsbetrieben vielfältige Unterstützung bei der gesundheitsfördernden Führung an. Dazu gehören unter anderem die Seminare „Gesundheitsfördernde Führung: Möglichkeiten & Grenzen“ (UMGF), die Führungskräfte-Workshopreihe zur Umsetzung gesundheitsfördernder Führung (FKWS) und „Betriebliches Konfliktmanagement und Mobbingprävention (GKM)“, in denen konkrete Handlungshilfen für die Praxis erarbeitet werden. Am wirkungsvollsten ist eine betriebliche Gesundheitsförderung, die auf mehreren Ebenen ansetzt und Maßnahmen zur Verhaltens- und Verhältnisprävention kombiniert. Die BGW hält unter anderem Konzepte und Beratungsangebote für ein betriebliches Gesundheitsmanagement bereit, mit dem sich betriebsinterne Belastungen verringern und persönliche Ressourcen fördern lassen (siehe Anhang).

Unterstützung durch die Unfallkasse NRW

Die Unfallkasse NRW bietet ihren Mitgliedsbetrieben vielfältige Unterstützung bei der gesundheitsfördernden Führung an. Dazu gehören unter anderem bereichsübergreifende Seminare zum Themenbereich „Organisation von Sicherheit und Gesundheit“. Diese können der Broschüre „Seminare – Arbeits- und Gesundheitsschutz“ sowie der Internetadresse https://www.unfallkasse-nrw.de/service/seminare/organisatorische-hinweise.html entnommen werden.

Am wirkungsvollsten ist eine betriebliche Gesundheitsförderung, die auf mehreren Ebenen ansetzt und Maßnahmen zur Verhaltens- und Verhältnisprävention kombiniert. Die Unfallkasse NRW hält Beratungsangebote für ein betriebliches Gesundheitsmanagement bereit, mit denen sich betriebsinterne Belastungen verringern und persönliche Ressourcen fördern lassen. Hierzu stehen erfahrene Aufsichtspersonen aus der Fachabteilung zur Verfügung, Kontakt: Tel.: 0251 2102-0, E-Mail: praevention-westfalen-lippe@unfallkasse-nrw.de

Anhang

Die BGW bietet ihren Mitgliedsbetrieben vielfältige Unterstützung bei der gesundheitsfördernden Führung.

Sie möchten sich grundsätzlich zum Thema „Führung und Gesundheit“ informieren?

Das BGW-Seminar „Gesundheitsfördernde Führung: Möglichkeiten und Grenzen (UMGF)“ ermöglicht einen guten Einstieg, um sich zu informieren, die eigene Rolle zu reflektieren und sich mit anderen Führungskräften auszutauschen. Mithilfe der Schrift „Gesund und motivierend führen“ können Sie gut in das Thema einsteigen und erste Hinweise erhalten.

Sie möchten analysieren, welche Auslöser für psychische Belastung in Ihrem Betrieb vorliegen und wie hoch die Belastung Ihrer Beschäftigten ist?

Hier können Ihnen unsere Analyseinstrumente (BGW Betriebsbarometer, BGW Mitarbeiterbefragung zur psychischen Belastung und Beanspruchung, BGW Arbeitssituationsanalyse) helfen, Belastungsschwerpunkte in Ihrem Betrieb zu identifizieren.


Sie möchten in Ihrem Betrieb gesundheitsfördernde Führung umsetzen und sich als Führungskraft dafür stärken?

Führungskräfte können in einer Workshopreihe gezielt an der Umsetzung gesundheitsfördernder Führung arbeiten (Kürzel FKWS). In drei Workshops erarbeiten Sie unter professioneller Anleitung eigene konkrete Vorhaben, die Sie zwischen den Workshops realisieren. Es werden die Themen behandelt, die für die Praxis gesunder Führung nachweislich relevant sind (z. B. Umgang mit widersprüchlichen Erwartungen). Sie nutzen den Erfahrungsaustausch mit anderen Führungskräften und erhalten konkrete Hinweise für den Berufsalltag.

Sie benötigen individuelle Beratung und möchten nachhaltige Veränderungen?

Am wirkungsvollsten ist eine betriebliche Gesundheitsförderung, die auf mehreren Ebenen ansetzt und Maßnahmen zur Verhaltens- und Verhältnisprävention kombiniert. Ganzheitliche Beratung ermöglicht nachhaltige Veränderungen, hierzu können Sie sich unter www.bgw-online.de/betriebliches-gesundheitsmanagement informieren. Unsere Berater unterstützen und begleiten Sie bei Ihrem Organisationsentwicklungsprozess und bieten Ihnen individuelle Lösungen. Das Beratungsprodukt BGW Personalkompetenz beispielsweise enthält unter anderem einen Baustein zur gesunden Selbstführung von Führungskräften.

Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zu den Unterstützungsangeboten:

Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW)

Abteilung Präventionskoordination, Pappelallee 33/35/37, 22089 Hamburg

Tel.: (040) 202 07-48 62, Fax: (040) 202 07-48 53, E-Mail: gesundheitsmanagement@bgw-online.de

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