Arbeiten auf Station
Stand: 04/2025

PT Arbeiten auf Station

Physiotherapeutinnen und -therapeuten arbeiten üblicherweise in dafür vorgesehenen Praxen, in die ihre Patientinnen und Patienten mit festen Terminen zur Behandlung kommen. Darüber hinaus sind sie aber auch im stationären Umfeld von Krankenhäusern in unterschiedlichen Fachbereichen tätig. Das Tätigkeitsfeld beinhaltet hier neben den typischen physiotherapeutischen Aufgaben zum Beispiel auch das Mobilisieren stark bewegungseingeschränkter Patientinnen und Patienten – zum Beispiel bei längeren Krankenhausaufenthalten nach Operationen.

Dabei sind sie über die im normalen Praxisbetrieb auftretenden hinausgehenden zusätzlichen Gefährdungen und Hindernissen ausgesetzt.

Räumliche Voraussetzungen

In größeren Kliniken gibt es separate Praxisräume für die Physiotherapie, die auch für die Behandlung mobiler Patientinnen und Patienten von den Stationen sowie möglicher ambulanter Kundschaft von außerhalb genutzt werden. Diese Räume dienen dann meist als Basis für die Arbeit auf Station - hier werden Kleingeräte gelagert, Schreibarbeiten durchgeführt etc.

Ist das nicht der Fall, benötigen die Physiotherapeutinnen und -therapeuten einen ausreichenden Lagerraum für Hilfsmittel auf der Station, im Idealfall einen eigenen Therapieraum. Die Patientenzimmer, in denen physiotherapeutische Behandlungen durchgeführt werden, müssen ausreichend Raum bieten zum Rangieren von Mobilisationsstühlen, Rollstühlen und anderen Hilfsmitteln. Das ist bereits bei der Zimmerbelegung zu berücksichtigen.

Da die Patientenzimmer für Gehübungen in der Regel zu klein sind, wird oft der Gang der Station hierfür genutzt. Deshalb ist es wichtig, dass die Wände der Flure mit Handläufen ausgestattet sind, damit ein fallender Patient bzw. eine fallende Patientin sich selbst halten kann und nicht von ihrem Therapeuten oder ihrer Therapeutin aufgefangen werden muss. Auch Meterabmessungen auf den Fluren erleichtern die physiotherapeutische Arbeit.

Kommunikation

Physiotherapeutinnen und -therapeuten, die auf Station arbeiten, gehören dort als „Externe“ nicht zum engeren Team und sind damit von der normalen Kommunikation im Team weitgehend ausgeschlossen. Dabei entstehen gerade durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit Zielkonflikte und unklare Zuständigkeiten.

Deshalb ist es wichtig, Informationen über standardisierte Wege wie Fallbesprechungen zu transportieren und dabei klare Absprachen, insbesondere bezüglich Zuständigkeiten, zu treffen. Hilfreich können auch berufsgruppenübergreifende Teambildungsmaßnahmen sein.

Noch stärker als bei der Arbeit in einer Physiotherapiepraxis kommen im stationären Bereich mögliche Sprachbarrieren zum Tragen, die nicht nur die Patientinnen und Patienten betreffen, sondern auch zum Beispiel ärztliches und pflegendes Personal, mit denen Abstimmungen notwendig sind. Hier können Dolmetscherlisten unterstützen, auf denen die Sprachkenntnisse von Kolleginnen und Kollegen des Stationsteams verzeichnet sind, die im Bedarfsfall helfen können.

Infektionsgefährdungen

Die Gefährdung durch Infektionen ist bei der Arbeit auf Station deutlich größer als bei der Arbeit mit ambulanten Patientinnen und Patienten in der Physiotherapiepraxis. Auf Station haben die Therapeutinnen und Therapeuten unter Umständen mit frisch operierten Patientinnen und Patienten mit offenen, blutigen Wunden oder mit Isolierpatientinnen und Isolierpatienten zu tun.

Beim Umgang mit offenen Wunden besteht die Gefahr einer Infektion mit zum Beispiel Hepatitis-B- oder C-Viren sowie HIV. Wirksame Schutzmaßnahmen stellen das Umsetzen eines geeigneten Desinfektions- und Reinigungsplans, der Einsatz von latexfreien und ungepuderten medizinischen Einmalschutzhandschuhen sowie entsprechende Unterweisungen dar. Darüber hinaus sind auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung arbeitsmedizinische Vorsorgen zu veranlassen und in deren Rahmen die erforderlichen Schutzimpfungen anzubieten.

Psychische Belastungen

Einer Umfrage zufolge (s. Quellen, “Woran Therapeuten erkranken”) fühlen sich Physiotherapeuten und -therapeutinnen in Rehakliniken (67 %) und Krankenhäusern (58 %) etwas stärker psychisch belastet als in Praxen (56 %). Die Gründe sind unterschiedlicher Natur:

  • Das Miterleben der teils schweren Krankheitsgeschichten, auch bei komatösen Patientinnen und Patienten
  • Reibungsverluste bei der interdisziplinären Zusammenarbeit auf Station (Zielkonflikte, unklare Zuständigkeiten)
  • Aggression und Gewalt seitens der Patientinnen und Patienten, Stress mit Angehörigen
  • Zum Teil straffe Arbeitszeiten, Personalmangel und Zeitdruck; zum Teil gibt die Arbeit auf Station zeitlich aber auch mehr Flexibilität, da feste Termine nicht die Bedeutung haben wie bei der Arbeit in der Physiotherapiepraxis und eine eigene Zeiteinteilung möglich ist

Mögliche Schutzmaßnahmen sind:

  • Schulungen zum Umgang mit Leid und Tod
  • Interdisziplinäre Fallbesprechungen
  • Deeskalations- und Kommunikationstraining, Etablieren eines Gewaltkonzepts und eines Beschwerdemanagements zum Kanalisieren möglicher Beschwerden
  • Möglichkeit zur freien Zeiteinteilung schaffen
  • Supervisions-, Entspannungs- und Sportangebote zum Ausgleich anbieten
  • Austausch ermöglichen, um „Einzelkämpfer-Gefühl“ entgegenzuwirken, zum Beispiel über regelmäßige Teambesprechungen
  • Qualifikation der Beschäftigten für die entsprechenden Arbeiten berücksichtigen, um Über- und Unterforderungen zu vermeiden

Ergonomie/Heben und Tragen

Auf Station können die Physiotherapeutinnen und -therapeuten nicht auf die gewohnte ergonomisch optimierte Ausstattung der Praxis zurückgreifen, sondern müssen mit den vor Ort verfügbaren Arbeitsmitteln auskommen. Das kann zu mehr ergonomisch ungünstigen Körperhaltungen während der Arbeit führen, mit entsprechenden Belastungen für den Bewegungsapparat. Auch treffen sie auf Station, insbesondere auf Intensivstationen, vermehrt auf mobilitätseingeschränkte oder gar komatöse Patientinnen und Patienten, die wenig oder gar nicht mitarbeiten können.

Hier gilt es, möglichst körperschonende Bewegungen und Haltungen einzusetzen sowie Hilfsmittel wie beispielsweise Hebehilfen, Gleitmatten und Antirutschmatten. Sofern es keine festen Termine gibt, sollte zudem auf Abwechslung bei den Behandlungstechniken geachtet werden. Eine einfache, aber sehr wirkungsvolle ergonomische Maßnahme ist das Einstellen des Bettes auf die ideale Arbeitshöhe. Bei Umlagerungen sollte immer auf einen guten Schwerpunkt geachtet werden (Einsatz des eigenen Körpergewichts anstelle des Krafteinsatzes von Rücken und Armen, Reibung reduzieren, besser ziehen als heben). Außerhalb der Arbeit an den Patientinnen und Patienten sollten Angebote für Ausgleichsgymnastik und Entspannung genutzt beziehungsweise in Eigenregie durchgeführt werden.

Auch und gerade in diesem Bereich sind gute Abstimmungen und Fallbesprechungen wichtig. Es sollte keine generellen Zuordnungen geben in der Art „Mobilisierung macht bei uns die Physiotherapie“. Vielmehr ist es wichtig, mithilfe einer geeigneten Personalplanung Überlastungen zu verhindern.

Weitere Informationen:

  • „Woran Therapeuten erkranken“, VPTMAGAZIN 02/18, S. 16–17
  • „Einführung von Gesundheitsförderung in einem kleinen Unternehmen des medizinischen Dienstleistungssektors", Susanna Hein, Diplomarbeit, Hochschule Mittweida
  • „Arbeitsbedingte Belastungen, Beschwerden und Erkrankungen von Physiotherapeuten in Deutschland“, M. Girbig, S. Deckert, D. Druschke, A. Nienhaus
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