Einleitung
- Wie groß ist das Risiko, eine Infektionskrankheit nach einer Nadelstichverletzung zu entwickeln, und was muss ich tun, um das Risiko für eine Stichverletzung zu verringern?
- Welche Anforderungen gibt es an die Betriebe zur Erfassung und Auswertung von Stich- und Schnittverletzungen?
- Welche technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen schützen?
- Was sind medizinische Instrumente mit Sicherheitsmechanismus, und welche Anforderungen müssen diese erfüllen?
- Wo sind sie einzusetzen? Worüber müssen Beschäftigte informiert und geschult werden? Hier erfahren Sie mehr.
Definition Nadelstichverletzung
„Eine Nadelstichverletzung (NSV) im Sinne von Ziffer 2.8 der TRBA 250 ist jede Stich-, Schnitt- und Kratzverletzung der Haut durch stechende oder schneidende Instrumente, die durch Patientenmaterial verunreinigt sind – unabhängig davon, ob die Wunde blutet oder nicht. NSV können durch alle benutzten medizinischen Instrumente, die die Haut penetrieren können, wie Nadeln, Lanzetten, Kanülen, Skalpelle, chirurgische Drähte, verursacht werden“.
Relevanz
„Nadelstichverletzungen zählen zu den häufigsten Arbeitsunfällen im Gesundheitswesen und stellen für Betroffene eine ernstzunehmende Gefährdung dar. Dabei können verschiedene infektiöse Erreger übertragen werden. Besonders gefährlich sind das humane Immundefizienz-Virus (HIV) sowie das Hepatitis-B-Virus (HBV) und das Hepatitis-C-Virus (HCV). Bei Schnitt- und Stichverletzungen gehören Pflegefachpersonen zu der am häufigsten betroffenen Berufsgruppe. Zwischen 50 und 75 Prozent der Unfälle sind dieser Berufsgruppe zugeordnet. Am zweithäufigsten verletzen sich Ärztinnen und Ärzte. Aber auch Reinigungspersonal, Beschäftigte aus dem technischen Dienst und der Hauswirtschaft erleiden immer wieder Nadelstichverletzungen.“ (Quelle: Risiko Nadelstich)
Im Wesentlichen unterscheiden wir zwei Übertragungswege für blutübertragene Infektionserreger im beruflichen Kontext:
- Kontamination der Schleimhäute von Augen, Mund oder Nase durch Spritzer
- Nadelstichverletzungen, also Stich- und Schnittverletzungen an kontaminierten Kanülen, Lanzetten, Skalpellen oder anderen spitzen, scharfen medizinischen Instrumenten.
(Quelle: Risiko Nadelstich)
Beim Umgang mit benutzten medizinischen Instrumenten und Geräten sind deshalb Maßnahmen zu ergreifen, die eine Verletzungs- und Infektionsgefahr der Beschäftigten minimieren. Dabei ist ein integrierter Ansatz unter Ausschöpfung aller technischen, organisatorischen und persönlichen Maßnahmen notwendig. Die Maßnahmen schließen Fragen der Arbeitsorganisation und die Schaffung eines Sicherheitsbewusstseins sowie ein Verfahren für die Erfassung von NSV und die Durchführung von Folgemaßnahmen mit ein.
Die Rechtsgrundlagen werden im Kapitel „Rechtliche Grundlagen“ ausführlich dargestellt.
Vorrangig sind Arbeitsverfahren und Arbeitsmittel auszuwählen, die den Einsatz spitzer und scharfer medizinischer Instrumente überflüssig machen. Dies sind z. B. nadelfreie Infusionssysteme mit Rückschlagventil zur Konnektion mit Venenzugängen für das Zuspritzen von Medikamenten und für die Blutentnahme oder Kunststoffkanülen für nadelfreies Aufziehen von Körperflüssigkeiten.
Die Kontamination von Haut und Schleimhäuten mit erregerhaltigem Material ist z. B. durch das Tragen von Handschuhen, Visieren zum Schutz des Gesichtes oder Schutzbrillen zum Schutz der Augen zu verhindern. Wichtig ist auch, die Barrierefunktion der Haut zu erhalten.
Infektionserreger können sich im Blut und in anderen Körperflüssigkeiten befinden. Die menschliche Haut ist ein wirksames Hindernis für Infektionserreger – solange sie intakt ist. Allerdings ist unsere Haut im beruflichen Alltag erheblichen Belastungen ausgesetzt, beispielsweise durch mechanische Beanspruchung oder durch Einwirkungen verschiedener Chemikalien. Die mögliche Folge sind Defekte im Säureschutzmantel der Haut, Rissbildungen oder auch kleinste Verletzungen („Mikroläsionen“), die Eintrittspforte für Infektionserreger sein können. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Barrierefunktion der Haut zu erhalten!
Zum Schutz der Haut ist Folgendes zu beachten:
- Handschuhe nur so lange wie nötig tragen.
- Auf unnötiges Händewaschen verzichten. In der Regel genügt es, nach Patientenkontakten die Hände zu desinfizieren.
- Bereitstellung der notwendigen Hautschutz- und Hautpflegeprodukte.
- Verwendung der Hautschutzmittel vor und während der Arbeit sowie der Hautpflegeprodukte nach der Arbeit.
- Information über die richtige Anwendung der notwendigen Hautschutz- und Hautpflegemittel durch einen gut sichtbar ausgehangenen Hautschutzplan (und ggf. Handschuhplan).
Kompetente Ansprechpersonen bei Fragen zum Thema Hautschutz sind die Betriebsärztinnen und Betriebsärzte.
Hilfreiche Informationen zum Schutz der Haut bei der Arbeit finden Sie in der Broschüre Hauptsache Hautschutz (GW 06-12-002).
Betroffene Bereiche
Nadelstichverletzungen können in allen Arbeitsbereichen des Krankenhauses auftreten, in denen Patientinnen und Patienten gepflegt, untersucht oder medizinisch behandelt werden. Beispiele sind das Patientenzimmer, die Notfall-Ambulanz sowie der OP-Bereich. Bereichsspezifische und Schutzmaßnahmen werden jeweils in diesen Arbeitsbereichen behandelt.