Kaum eine im Gesundheitswesen tätige Person kann beschließen: ab heute mache ich mir keinen Stress mehr! Phasen der physischen und psychischen Belastung gehören zum Berufsprofil und die täglichen Herausforderungen bei der Pflege und Betreuung von Menschen sind breit gefächert und anspruchsvoll. Wer andere pflegt, sollte sich daher nicht selbst vergessen. Ein bewusster Umgang mit den eigenen physischen und psychischen Signalen trägt zur Erhaltung der Gesundheit und des Wohlbefindens bei.
In den letzten Jahren wurde in der Wissenschaft der Begriff der Gesundheitskompetenz geprägt (engl. Health Literacy). Gesundheitskompetenz ist „die Fähigkeit des Einzelnen, im täglichen Leben Entscheidungen zu treffen, die sich positiv auf die (eigene) Gesundheit auswirken – zu Hause, am Arbeitsplatz, im Gesundheitssystem und in der Gesellschaft allgemein“ (Kickbusch 2006).
Persönliche Gesundheitskompetenz ermächtigt somit zur Selbstbestimmung und zur Übernahme von Gestaltungsund Entscheidungsfreiheit und bewirkt einen gesundheitsfördernden Umgang mit den Herausforderungen des Arbeitsalltags. Folgende Fragen richten den Fokus auf die eigene Gesundheit:
- Planen Sie bewusst Zeit und Raum für sich und Ihre Bedürfnisse ein?
- Reicht Ihre physische Leistungsfähigkeit, um den Arbeitstag ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Schmerzen zu überstehen?
- Fühlen Sie sich psychisch-emotionalen Belastungen, Stress-Situationen und widrigen Lebensumständen gewachsen?
- Schlafen Sie ausreichend? Ist Ihr Schlaf durch Störungen und Unterbrechungen geprägt?
- Grübeln Sie oft über berufliche Themen und Probleme nach, ohne dabei zu einer Lösung zu gelangen?
- Müssen andere Personen (Kollegin oder Kollege, Führungskräfte) Sie darauf hinweisen, dass Sie Ihre Gesundheit vernachlässigen?
Möglichkeiten zur Steigerung der persönlichen Gesundheitskompetenz
Wer auf sich selbst achtet, stellt irgendwann fest, dass sein Empfinden von Lebensfreude und Arbeitszufriedenheit stark von der inneren Einstellung abhängt. Personen, die Kraft und Energie aus ihren eigenen zur Verfügung stehenden Ressourcen ziehen, erholen sich schnell von stressigen Situationen und gehen gestärkt aus solchen Phasen heraus. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, mit denen die eigenen Gesundheitsressourcen und –potenziale gestärkt werden können. Im Folgenden werden exemplarisch einige Themenfelder herausgegriffen:
Bewegung
Physische Aktivitäten helfen, den Alltagsstress und Verspannungen in der Rücken-, Schulter- und Nackenmuskulatur zu bewältigen. Ein körperlich trainierter Mensch ist weniger „stressanfällig“ und neigt seltener zu physischen Beschwerden.
Mit dem physischen Leistungsvermögen steigen oft auch die geistige Leistungsfähigkeit und die emotionale Ausgeglichenheit. Nach einem anstrengenden Arbeitstag lenkt physische Betätigung, die nur etwa eine halbe Stunde dauern muss, von arbeitsbedingten Problemen ab. Eine „Rund-um-Zufriedenheit“, angenehme Müdigkeit und Entspannung stellen sich ein.
Eine dauerhafte gute physische Leistungsfähigkeit lässt sich nur durch regelmäßiges Training erzielen, da die positive Wirkung sportlicher Betätigung – eine bessere Durchblutung, Sauerstoffsättigung des Gewebes und Tonisierung der Muskulatur – jeweils nur einige Tage anhält. Der Körper bleibt bis ins Alter hinein trainierbar. Überzogener Ehrgeiz ist dabei allerdings zu vermeiden.
Rückenfreundliche Ausdauer-Sportarten sind beispielsweise Nordic Walking, Skilanglauf, Wandern, Radfahren, Rückenschwimmen oder Kraulen.
Resilienz- oder Achtsamkeitstraining,
Resilienz oder auch psychische Widerstandskraft ermöglicht es, mit hohen Arbeitsanforderungen erfolgreich umzugehen und daran sogar zu wachsen. Grundlage von Resilienz sind persönliche Ressourcen, wie z. B. Selbstwirksamkeit, Achtsamkeit und Optimismus. Hierzu gibt es eigene (Online-)Coaching-Angebote, die dazu beitragen können, das eigene Handeln zu hinterfragen, die persönliche Kontrolle zu übernehmen und die eigenen Ressourcen zu aktivieren. Ziel ist die Entwicklung von innerer Stärke und der Fähigkeit, selbstbewusst, vorausschauend und kompetent zu agieren. Auch höhere Anforderungen der Arbeit müssen akzeptiert und erfolgreich bewältigt werden, wenn sie von einem üblichen Maß an Planbarkeit, Intensität und Dauer abweichen.
Entspannung
Hierzu zählen u. a. verschiedene Entspannungsmethoden, die eine muskuläre bzw. allgemeine psychische Anspannung der Beschäftigten in Stress-Situationen abfangen und dadurch längerfristig Beschwerden vermindern können.
Dies können beispielsweise
- Atemübungen, Bewegungswahrnehmung wie Eutonie, Feldenkrais, Zilgrai,
- westliche Entspannungstechniken wie Progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen oder autogenes Training,
- asiatische Verfahren wie Yoga, Tai Chi Chuan oder Qi Gong sein.
Gesunde Ernährung
Ernährungs- und Trinkgewohnheiten beeinflussen nicht nur die physische Leistungsfähigkeit. Wer sich gesund und ausgewogen ernährt, verbessert auch die eigene Stimmung und Konzentrationsfähigkeit. Das Wissen um eine gesunde Ernährung ist groß, aber an der Umsetzung im Berufsalltag scheitern viele Menschen – insbesondere, wenn sie von Termin zu Termin hetzen, den ganzen Tag unterwegs sind oder Pausen nicht eingehalten werden (können).
Der hier verwendete Text wurde aus der DGUV Information 207-010 „Bewegen von Menschen im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege – Prävention von Muskel- und Skelett-Erkrankungen“ entnommen.