Weitere medizinische Anwendungen ionisierender Strahlung: Strahlentherapie, Nuklearmedizin
Die besondere Fähigkeit ionisierender Strahlung, nämlich aus Atomen oder Molekülen Elektronen zu entfernen und damit deren Beschaffenheit bzw. Eigenschaften erheblich zu verändern, wird (neben der Röntgendiagnostik) in einer Vielzahl anderer diagnostischer und therapeutischer Verfahren genutzt. Einige sind weit verbreitet, wie z.B. die Bestrahlung von Tumoren oder bildgebende Verfahren, die den Zustand von Geweben und Organen erkennen lassen. Andererseits gibt es auch eine Vielzahl von sehr speziellen und verschiedenartigen Verfahren, bei denen ionisierende Strahlung zur Anwendung kommt und die fortwährenden medizintechnischen Weiterentwicklungen unterliegen.
Anwendungsbereiche im Krankenhaus:
1. Strahlentherapie
Damit werden therapeutische Verfahren bezeichnet, bei denen ionisierende Strahlung aus Geräten oder von radioaktiv strahlenden Materialien dazu genutzt wird, im Körper des Patienten spezielle medizinische Wirkungen zu erzielen. Dazu wird Strahlung unterschiedlicher Beschaffenheit eingesetzt, meistens Photonen (also hochenergetische Röntgenstrahlung) aber auch radioaktive Strahlung (Alpha-, Beta- und Gammastrahlung).
Dabei wirkt die Strahlung entweder von außen aus einer Anlage, die einen Strahler enthält oder die Strahlung erzeugt, auf den Körper des Patienten ein (Teletherapie oder perkutane Bestrahlung). Während in früheren Jahren dafür permanent strahlende Quellen (umgangssprachlich Kobaltkanonen genannt) eingesetzt wurden, werden heute in aller Regel Linearbeschleuniger eingesetzt, die Strahlung durch einen physikalischen Prozess „nach Bedarf“ erzeugen.
Afterloader, darin die radioaktive Quelle
Bei anderen Verfahren wird eine Strahlenquelle in oder direkt an den Körper gebracht (Brachytherapie, häufig bei gynäkologischen Tumoren, Prostata-, Speiseröhren- oder Lungenkrebs).
Heute werden dafür häufig sogenannte „Afterloading“-Verfahren eingesetzt, bei denen ein Strahler aus sehr dünnem, radioaktiven Material für eine sehr kurze, genau vorberechnete Zeit über eine Hohlnadel oder einen anderen Applikator direkt in oder an den Tumor herangeführt und danach sofort wieder zurückgezogen wird. Der Strahler befindet sich, wenn er nicht angewendet wird, in einem die Strahlung vollständig abschirmenden Bauteil der Afterloading-Anlage.
Besonders häufig wird Bestrahlung in der Tumortherapie eingesetzt, aber auch bei anderen, häufig chronisch-entzündlichen Weichteil- oder Gelenkerkrankungen.
2. Nuklearmedizin
bezeichnet den Einsatz von radioaktiven Substanzen, die in den Körper des Patienten eingebracht werden (Radiopharmaka). Sie werden zu Diagnosezwecken eingesetzt, in dem durch radioaktive Marker bestimmte Körperfunktionen oder Gewebestrukturen durch aufzeichnende Systeme erkennbar gemacht werden können (Szintigraphie). Gängige Verfahren sind:
- Schilddrüsenszintigrafie
- Skelettszintigrafie,
- Myokardszintigrafie,
- Nierenfunktionsszintigrafie
- Lungenszintigrafie
Nuklearmedizinische Diagnoseverfahren sind allerdings auf Grund alternativer bildgebender Verfahren (z.B. verbesserte Ultraschall- oder MRT-Anwendungen) insgesamt rückläufig.
Außerdem können mit Hilfe radioaktiver Medikamente lokal exakt begrenzt Gewebestrukturen therapeutisch beeinflusst werden, z.B.:
- Radioiodtherapie bei Schilddrüsenerkrankungen (Einnahme von radioaktivem Iod als Medikament)
- Radiosynoviorthese (Injektion eines radioaktiven Medikaments in Gelenke bei schweren chronischen Entzündungen)